BeoLiebt

30
Okt
2004

Interkulturelle Beziehungen und Vorurteile

Man muss schon sehr gegen die diversen Vorurteile kämpfen, wenn man Europäer mit einer Frau aus dem fernen Osten zusammen ist. Sowohl hier als auch in ihrem Heimatland gibt es mehr als genug sehr festgesetzte Meinungen zu dieser Kombination.
Insbesondere dann, wenn er doch eher so der Typus Computernerd ist, sich den Maßen eines Brad Pitt nicht mal im Entferntesten annähert und sie jedoch einfach unglaublich attraktiv, immer modisch gekleidet und gestylt.

Jetzt stelle man sich dieses Paar mal in der Stadt vor. Irgendwo, so vor einem Mango oder Zara. Was denkt man sich denn automatisch?
Also, zumindest hier bei uns in der Provinz. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in größeren Städten nicht ganz so schlimm ist.
Man denkt sich automatisch - die sind doch so nur zusammen, weil er Geld hat. Zumindest, wenn man es diplomatisch formuliert.

Nun, in diesem einen Fall ist es jetzt mal so, dass ich dieser "er" bin. Und meine Traumfrau ist diese "sie." Und ja, wir geben ein sehr seltsames Paar ab - ich, der Computerhansel aus der hinterletzten Provinz Deutschlands und sie, die modebewußte Medienschaffende aus der hochmodernen Hauptstadt eines ost-asiatischen Landes.
Und wir sind uns beide bewußt, was durchaus sowohl hier als auch dort gerne mal über uns gedacht wird. Und zumindest mich ärgert das.
Es ärgert mich weniger, wenn jemand denkt, dass ich der Typ Mensch bin, der sich eine Frau "aus dem Katalog bestellt." Viel schlimmer finde ich, dass dies direkt impliziert, dass sie die Sorte Frau ist, die sich bestellen läßt.

Ich könnte jetzt von den jahrelang stattfindenden nächtlichen ICQ-Gesprächen erzählen, damals, als ICQ noch von eine Firma namens Mirabilis war und man die Einwahltonfolge seines Modems mitsingen konnte. Diese Gespräche, die Nacht für Nacht dann geführt wurden, wenn beide noch am Arbeiten waren, auf der einen Seite mit viel Grafik und Text, während auf der anderen Seite Codezeile für Codezeile entstand. Die Vertrautheit, die sich trotz der Entfernung, obwohl man sich nie gesehen hat, nicht weiß, wie der andere klingt und wie er sich gibt, aufbaut. Die leichte Aufregung, wenn nach zwei Jahren (erst..) das erste Mal Bilder hin- und hergeschickt werden. Wenn man ein Jahr darauf das erste Mal mit einander telefoniert. Der Flug zwei weitere Jahre später, so nervös, dass man im Flugzeug kaum etwas trinken kann, weil die Hände so zittern.

Der Moment, in dem man sich das erste Mal sieht.

All das könnte ich jedesmal erzählen, wenn von irgendwelchen Bekannten und Verwandten mit diesem inzwischen so vertrauten Blick und Unterton gefragt wird: Du hast doch jetzt so ein Chinesenmädel, oder? Oder wenn bei einigen speziellen Gestalten sofort die Zunge in die Backe geschoben wird, wenn das Gespräch auf meine Reisen nach Fernost kommt.

Aber wie soll man all das jemandem erklären, der solche Fragen formuliert? Dessen Humor aus der Zunge in der Backe besteht?

Ich kann es nicht. Ich kann diese Verbundenheit, die sich entwickelt hat, dieses Gefühl des Zusammengehörens und bei einander gut Aufgehobenseins nicht erklären. Ich habe es denjenigen Menschen erklärt, die mir wirklich wichtig sind und von denen ich weiß, dass sie es verstehen. Selbst dann, wenn sie es eigentlich gar nicht wissen wollten.

2
Okt
2004

...

Unter anderen Umständen wäre aus mir vermutlich ein ganz passabler Playboy geworden.
Ja, richtig.

29
Sep
2004

Geister aus der Vergangenheit

Man hat es nicht leicht - zumindest behaupte ich das jetzt mal ganz schamlos. Da lässt man sich trotz allem dann doch überreden, abends in die große Stadt zu gehen, landet dann irgendwann in einer Diskothek. Soweit nichts schlimmes, das darf ja ruhig auch mal sein. Das Publikum ist auch relativ ansprechend, alles eigentlich im grünen Bereich.

Und dann plötzlich steht sie da unter einem der Lichtkegel, tanzt in einer Gruppe von Freunden so vor sich hin. Sie, die einem mal so wichtig war, die man so zwingend gebraucht hat. Sie, die einen abends um den Schlaf gebracht hat, man lag wach und dachte nur noch an sie, weil sie so bezaubernd ist, so wunderschön, so unglaublich charmant, witzig und intelligent. Eine echte Traumfrau eben. Und wie das mit Traumfrauen so ist, sie bleiben halt doch meistens eher ein Traum. Man wird geduldet, sicher auch gemocht, aber das will man dann ja eigentlich auch nicht.
Zwei lange Jahre quälte sie mich, ohne es zu wissen. Jedes Lächeln war gleichzeitig so wunderschön und so schmerzend. Weil es einfach so klar war, dass es nie so sein würde, wie ich es mir so dringend wünschte.

Das ist jetzt alles sehr lange her, seit dem ist viel Wasser den Rhein herabgeflossen. Inzwischen bin ich in festen Händen, Händen, die zu einer Traumfrau gehören, die kein Traum geblieben ist. Hände, die ich nicht missen möchte, Hände, für die ich alles in meiner Macht stehendes machen würde, Hände, deren Besitzerin einfach das beste und wunderbarste ist, was mir je passiert ist.
Aber das nützt dann doch alles in diesem einen Moment nicht, in dem das wandernde Auge in einer kleinen Disko sie nach langen Jahren wieder erblickt. Wenn alles plötzlich wieder da ist, die ganze Bewunderung für diese Frau, der ganze Schmerz, die ganzen Gefühle. Und dann steht man da, versucht locker zu bleiben und ist dann doch froh, wenn sich der Abend so langsam dem Ende nähert.

Und dann die ganze Nacht dann die Überlegungen, ob es richtig war, die Geister der Vergangenheit einfach ruhen zu lassen oder ob es nicht doch besser gewesen wäre, mich ihnen zu stellen und mit ihr zu reden.
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